Durch die Pandemie wurde ein offensichtlicher Wandel beim Thema Vereinbarkeit angestoßen: Vielen Unternehmen und Betrieben ist die Bedeutung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf besonders bewusst geworden, sie wird als Produktivitätsfaktor bzw. Teil des betrieblichen Risikomanagements erkannt. Zudem hat sich gezeigt, dass Väter genauso wie Mütter Vereinbarkeitserfordernisse haben, auf die viele Arbeitgeber reagiert haben.

Sonderpreisträger "Corona" 2020/21   

Wir freuen uns, hier ein "Beispiel der guten Praxis" von einem der Sonderpreisträger "Corona" 2020/21 aus dem Unternehmenswettbewerb "Erfolgreich.Familienfreundlich" vorstellen zu dürfen. Eine ausführliche Darstellung der MaibornWolff GmbH als Preisträger finden Sie auf der Webseite des Wettbewerbs. Unsere Fragen wurden von Herrn Holger Wolf, dem Geschäftsführer der MaibornWolff GmbH beantwortet.

 

Erkenntnisse aus der Corona-Krise

1. Welche Angebote haben Sie Ihren Beschäftigten für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf gemacht?

Das wichtigste Instrument sind für uns flexible Arbeitszeiten: Mitarbeitende können jederzeit und auch kurzfristig zwischen Teil- und Vollzeit wechseln. Familienauszeiten und Teilzeitmodelle werden auch in Führungspositionen sowie von Vätern genutzt. Ebenso steht jedem frei, wo er arbeiten möchte, ob mehr im Büro oder mehr im Home-Office. Jede/r hat die Möglichkeit, sein krankes Kind zuhause zu betreuen, ohne Urlaub zu nehmen. Wie bei eigener Krankheit brauchen wir die Kind-Krank-Meldung erst ab dem dritten Tag. Im Zuge der Corona-Pandemie konnte jede(r), der aufgrund von Homeschooling oder HomeKita seine Arbeit nicht mehr im vollen Umfang zu leisten vermochte, 25 Prozent seiner wöchentlichen Arbeitszeit über ein Eltern-Corona-Konto abdecken. Um Eltern zu entlasten, organisierten wir eine Lehrerin, die Kinder in einer Büro-Klasse unterrichtete und betreute. Dazu kommen Betreuungsangebote für den Notfall oder während der Ferien.

2. Haben Sie Maßnahmen ausgesetzt oder eingestellt? Wenn ja, welche?

Während der Lockdown-Phasen 2020721 haben wir Formate, die nicht unternehmenskritisch sind, ausgesetzt, etwa gemeinsame Grill- oder Brettspielabende.

3. Haben Sie im Bereich der internen Kommunikation in der Coronazeit neue Wege eingeschlagen oder bestehende Prozesse kurzfristig agepasst, um die Bedarfe Ihrer Beschäftigten zu erkennen und Ihre Informationen transparent zu teilen?

Die Corona-Pandemie hat unser Arbeiten ab Frühjahr 2020 verändert. Technisch waren wir als IT-Dienstleister gut vorbereitet, so dass alle reibungslos von zuhause aus oder mobil arbeiten konnten. Da die Verunsicherung dennoch groß war, habe ich mich intensiv mit dem Thema Corona auseinandergesetzt und täglich über einen eigenen Channel in Microsoft Teams informiert. Dieser Kanal existiert bis heute. Unsere Mitarbeitenden können sich auch an externe Vertrauenspersonen wenden, die neutral und unabhängig sind. Sie sind ansprechbar für alle "zwischenmenschlichen" oder "ethischen" Fragen, haben das Recht, mit allen für eine Problemlösung hilfreichen Mitarbeitenden zu sprechen - das umfasst auch die Geschäftsleitung. Da von heute auf morgen sämtliche Möglichkeiten, sich persönlich zu treffen, wegfielen, mussten wir sehr viele persönliche Formate remote anbieten. Beispiele hierfür sind Feedback-Gespräche oder wöchentliche Bereichsmeetings. Um auch die informellen Aspekte in der Kommunikation abzudecken, banden wir in viele Online-Formate gemeinsame Kaffeepausen oder Mittagessen ein. Wir arbeiten weiterhin eng mit dem PME Familienservice zusammen und bieten den Mitarbeitenden und deren Familien und Freunden die Möglichkeit an, an Vorträgen und Seminaren von externen Referenten teilzunehmen.

4. In welchen großen Handlungsfeldern sehen Sie zeitnah Handlungsbedarf?

In Zukunft werden hybride Arbeitswelten dominieren. Das Paradigma "Jeder ist im Büro anzutreffen" hat seine Gültigkeit verloren, die gemeinsam verbrachte Arbeitszeit ist nicht mehr durch einen Nine-to-Five-Rahmen festgelegt. Die größte Herausforderung stellt vor dem Hintergrund das Thema Mobilitätsbereitschaft dar. Wir müssen uns fragen, ob sich eine hohe Mobilitätsbereitschaft, etwa zu Geschäftsreisen, im Gehaltsmodell widerspiegeln sollte oder nicht.

  • Handlungsbedarf Unternehmenskultur & Führung: Vieles in einer hybriden Arbeitswelt muss neu und individuell ausgehandelt werden. Mehr Kommunikation wird nötig. Routine-Austausch wird oft weiter virtuell stattfinden. Formate hingegen, die eine bewusste Interaktion erfordern, erhalten eher Event-Charakter, werden mit einem gemeinsamen Essen oder einem Feierabendbier verknüpft. Die Kunst wird es sein, die gemeinsam verbrachte Zeit so zu koordinieren, dass alle in den Teams eingebunden bleiben und die Möglichkeit der persönlichen Begegnung haben.
  • Handlungsbedarf Kommunikation & Information: Im Zuge des starken Wachstums, der damit einhergehenden Internationalisierung und der Dezentralisierung des Unternehmens ist interne Kommunikation sowieso herausfordernd. Wir müssen wichtige Informationen, auch im Hinblick auf familienfreundliche Initiativen, über alle internen Kanäle streuen, damit sie möglichst viele erreichen. Hilfreich könnte es sein, Multiplikator:innen für bestimmte Themen (Elternzeit, Elder Care, etc.) einzubinden und im Unternehmen sichtbar zu machen.
  • Handlungsbedarf familien- und lebensphasenorientierte Unterstützungsangebote: Das Thema Elder Care und pflegebedürftige Angehörige wird in den nächsten Jahren an Relevanz zunehmen. Dafür werden wir auch flexible Unterstützungsformen finden müssen.

5. Welche Wünsche an Vereinbarkeitsmaßnahmen haben Ihre Beschäftigten, die auch nach der Corona-Pandemie aufrecht erhalten bleiben sollen?

Wir haben während Corona unsere Mitarbeitenden regelmäßig befragt und ihre Bedürfnisse ermittelt. Das wichtigste Ergebnis aus den Umfragen war, dass die flexiblen Arbeitsbedingungen und Unterstützungsangebote am hilfreichsten waren und auch weitergeführt werden.

6. Gibt es ggf. Aspekte, die mit dem Ende der Pandemie wieder eine Nachjustierung Ihrer Vereinbarkeitsmaßnahmen notwendig machen?

Bisher haben wir uns noch nicht mit der Frage "Ausstattung eines Home-Office-Arbeitsplatzes" befasst. Sollte dieser aber dauerhaft zu einer möglichen Arbeitsform werden, steht dieses Thema an. Insbesondere die Frage, ob der Arbeitsplatz DSVGO-konform ist, ist wichtig.

7. Tipps und Anregungen für unsere Mitglieder und Netzwerkpartner

Unsere unternehmerische Haltung macht den Unterschied. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf funktioniert wie viele andere Themen im Unternehmen nach dem bottom-up-Prinzip. Mitarbeitende entscheiden, in welchem Umfang sie Leistungen erbringen können, und daraus formen wir Teams, Projekte und Leistungsangebote für unsere Kunden. Hier hilft uns, dass wir im Projektgeschäft tätig.

Erfolgsfaktoren für die Maßnahmen:

  • Führungskräfte leben Familienfreundlichkeit vor (Terminblocker für Kindertermine, Elternzeit, Führen in Teilzeit)
  • flexibles Verschieben von Terminen bei privaten Engpässen
  • unbürokratisches Vorgehen unserer HR-Mitarbeitenden, flexible Anpassung des monatlichen Arbeitspensums

8. Ihr Fazit

Wie unter einem Brennglas zeigt die Pandemie, was unternehmerisch verantwortungsvolles Handeln ausmacht: Gerade in der Krise sind Kommunikation auf Augenhöhe und ein Miteinander von Führungskräften, Mitarbeitenden und Kunden essenziell. Vertrauen und gegenseitige Wertschätzung entstehen nur, wenn man sich auf das Gegenüber einlässt und dessen veränderte Situation berücksichtigt und adaptiert: Im Fall der Vereinbarkeit von Familie und Beruf bedeutet das, Mitarbeitenden mit flexiblen Arbeitszeiten oder auch einem Corona-Elternkonto entgegenzukommen.

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